Corona-Kinderbonus 2021
Der Kinderbonus ist Teil des Dritten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 10.03.2021. Familien erhalten ihn als eine finanzielle Hilfe, da sie durch die Corona-Krise besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Der Kinderbonus 2021 beträgt 150 Euro pro Kind. Er wird für alle Kinder, für die im Mai 2021 Anspruch auf Kindergeld besteht, im Lauf des Mai 2021 ausgezahlt. Der Kinderbonus wird nicht zusammen mit dem Kindergeld ausgezahlt, sondern als eigene Zahlung.
Der sog. Corona-Kinderbonus ist hälftig auf den Kindesunterhaltsbarbedarf eines minderjährigen, bei einem Elternteil lebenden Kindes anzurechnen (OLG Koblenz, 27.05.2021, 7 UF 689/20, §§ 1612a I, 1612b I BGB, FamRZ 2021, 1798 [LSe m. Anm. d. Red.] im Anschluss an OLG Koblenz, 01.12.2020, 13 UF 375/20, FamRZ 2021, 1034; Aufgabe von Senatsbeschluss vom 09.03.2021, Az. 7 UF 613/20).
Schon für den Kinderbonus 2020 wurde ganz überwiegend die Ansicht vertreten, dass der Bonus mit dem Kindergeld vergleichbar sei und weil es an einer anderslautenden gesetzlichen Regelung fehle, sei der Bonus 2020 ebenfalls auf den Barunterhaltsbedarf anzurechnen sein – bei minderjährigen Kindern i. d. R. zur Hälfte vgl. AG Bergheim, 12.10.2020, 61 F 80/20, §§ 1610 I, 1612b I BGB, 6 III BKGG: Unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des Corona-Kinderbonus, openJur 2020, 74588, (dort Rdnr. 27) = FamRZ 2021, 102 [m. Anm. Borth, S. 103]).
Gleichwohl war die überwiegend für 2020 praktizierte Verfahrensweise nicht unumstritten (vgl. OLG Koblenz, 09.03.2021, 7 UF 613/20, openJur 2021, 15127).
Das OLG Koblenz vertrat hier die Ansicht, der aufgrund des 2. Corona-Steuerhilfegesetzes im September und Oktober 2020 zusätzlich zum Kindergeld ausgezahlte Kinderbonus in Höhe von 300,00 € sei unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Das OLG Koblenz bezieht sich auf die uneinheitliche Rspr. des OLG zum luxemburgischen Kinderbonus und führt aus: „Hiervon ausgehend ist der coronabedingte Kinderbonus, der nach der Intention des Gesetzgebers einen Ausgleich für die überobligatorische Belastung des betreuenden Elternteils infolge der pandemiebedingten Schul- und Kindergartenschließungen darstellt, unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Die Gegenansicht (Niepmann NZFam 2020, 1406) übersieht, dass das Ziel der Kaufkraftstärkung durch die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes erreicht werden sollte, während der zusätzlich zum Kindergeld gezahlte Kinderbonus eine besondere Anerkennung der pandemiebedingten Mehrbelastung für Familien und insbesondere für Alleinerziehende darstellt (BT-Drucksache 19/20058 S.13). Dies würde ausgehöhlt, wenn hieran der nicht betreuende barunterhaltspflichtige Elternteil über die Unterhaltsberechnung hälftig beteiligt würde. Dass der Kinderbonus weder die Ansprüche des Kindes schmälert, noch als Einkommen des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen ist, ergibt sich auch aus Art. 11 des 2. Corona-Steuerhilfegesetzes, wonach diese Leistung im Rahmen der Einkommensberechnung nach den §§ 90 und 93 Absatz 1 Satz 1 oder bei der Bestimmung des Kostenbeitrags bei vollstationären Leistungen nach § 94 Absatz 3 SGB VIII ausdrücklich unberücksichtigt bleiben soll“.
Corona-Kinderbonus 2020
Im Rahmen ihrer Corona-Hilfen hatte die Bundesregierung entschieden, dass im Jahre 2020 jedes berechtigte Kind einen Kinderbonus von 300 Euro neben dem laufenden Kindergeld erhielt (§ 6 Abs. 3 BKGG).
Kinder, die in den Monaten August, September, Oktober, November oder Dezember 2020 geboren werden, sollen den Kinderbonus ebenfalls erhalten.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend weist auf seiner Internetseite darauf hin, dass mit der Zahlung des Kinderbonus in zwei Raten nachteilige Folgen im Zusammenspiel von Kindesunterhalt und Unterhaltsvorschuss vermieden werden. Auf die Gewährung und damit Auszahlung von Sozialleistungen, wie Arbeitslosengeld II (= sog. Hartz IV Leistungen) und auf Unterhaltsvorschuss soll der Kinderbonus keine nachteiligen Auswirkungen haben.
„Der Kinderbonus wird bei den Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), beim Kinderzuschlag und beim Wohngeld nicht als Einkommen berücksichtigt“, heißt es dort. Beim Unterhaltsvorschuss wird der Kinderbonus nicht angerechnet. Damit kommt der Kinderbonus Familien mit kleinen Einkommen zusätzlich zugute. ALG II und Unterhaltsvorschuss werden wie in den anderen Monaten in der bewilligten (gleichen) Höhe weitergezahlt.
Der Kinderbonus von insg. 300,00 Euro
wird wie folgt ausgezahlt:
im Monat 09/2020: 200,00 Euro und
im Monat 10/2020: 100,00 Euro.
Für Kinder, die in der Zeit von Aug. – Dez. 2020 geboren werden, erfolgt die Auszahlung erst später.
Höhe des Unterhaltsanspruches unter Einbeziehung des Kindergeldes
Nach § 1612b Abs. 1 Nr. 1 BGB wird das hälftige Kindergeld auf den Barunterhaltsbedarf der Düsseldorfer Tabelle 2020 angerechnet, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2). Lebt ein minderjähriges Kind bei nur einem Elternteil, ist diese Voraussetzung i. d. R. erfüllt.
Der Corona-Kinderbonus ist mit dem Kindergeld vergleichbar. Da es an einer anderslautenden gesetzlichen Regelung fehlt, dürfte er ebenfalls auf den Barunterhaltsbedarf anzurechnen sein – wie ausgeführt bei minderjährigen Kindern i. d. R. zur Hälfte vgl. AG Bergheim, 12.10.2020, 61 F 80/20, §§ 1610 I, 1612b I BGB, 6 III BKGG: Unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des Corona-Kinderbonus, openJur 2020, 74588, (dort Rdnr. 27) = FamRZ 2021, 102 [m. Anm. Borth, S. 103]; anderer Ansicht: OLG Koblenz, 09.03.2021, 7 UF 613/20, openJur 2021, 15127).
Das Covid-19 Konjunkturpaket soll einen starken, konzentrierten Konjunkturimpuls setzen, der von den Familien direkt genutzt wird. Der Kinderbonus soll den Familien helfen und stockt deshalb das Kindergeld für die Eltern auf. Bei getrennt lebenden und allein betreuenden Eltern kommt er – so scheinbar die überwiegende Praxis – nicht nur dem alleinerziehenden Elternteil, sondern – sofern vom anderen Elternteil Unterhalt geleistet wird – beiden Elternteilen zugute.
Unterhaltsanspruch 2020 - unter Einbeziehung des Corona-Kinderbonus
Kind 1, 6 – 11 Jahre alt,
hat nach der 1. Eink. Stufe der Düsseldorfer Tabelle 2020
einen Bar-Unterhaltsbedarf
(= Mindesunterhalt) in Höhe von 424 €.
Darauf wird das gesetzliche Kindergeld in Höhe von 204 € zur Hälfte (= 102 €) angerechnet.
Folglich beläuft sich normalerweise der monatliche Zahlbetrag für den Kindesunterhalt auf 322 €.
In den Monaten, in denen der Kinderbonus ausgezahlt werden, verringert sich dieser Betrag noch einmal um die Hälfte des Auszahlungsbetrages des Kindergeldbonus.
Folglich würde sich bspw. der Zahlbetrag in den Monaten
09/2020 (=1/2 von 200 €) um 100 € auf 222 €
und in
10/2020 (= 1/2 von 100 €) um 50 € auf 272 €
verringern.
Kind 2, Alter bis 5 Jahre, hat nach der 1. Eink. Stufe der Düsseldorfer Tabelle 2020 einen Bar-Unterhaltsbedarf (= Mindesunterhalt) in Höhe von 369 €.
Darauf wird das gesetzliche Kindergeld in Höhe von 204 € zur Hälfte (= 102 €) angerechnet.
Folglich beläuft sich normalerweise der monatliche Zahlbetrag für den Kindesunterhalt auf 267 €.
In den Monaten, in denen der Kinderbonus ausgezahlt werden, verringert sich dieser Betrag noch einmal um die Hälfte des Auszahlungsbetrages des Kindergeldbonus.
Folglich würde sich bspw. der Zahlbetrag in den Monaten
09/2020 (=1/2 von 200 €) um 100 € auf 167 €
und in
10/2020 (= 1/2 von 100 €) um 50 € auf 217 €
verringern.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) in 2020
Auf den Mindestbedarf des Kindes 1, 6 – 11 Jahre alt, in Höhe von 424 €
wird das gesetzliche Kindergeld für eine erstes Kind in Höhe von 204 € angerechnet.
Der monatliche Unterhaltsvorschuss für das Kind beläuft sich auf 220 €.
Daran ändert auch der in den Monaten 09/2020 und 10/2020 gezahlte Kinderbonus nichts.
Auf den Mindestbedarf des Kindes 2, bis Jahre alt, in Höhe von 369 €
wird das gesetzliche Kindergeld für eine erstes Kind in Höhe von 204 € angerechnet.
Der monatliche Unterhaltsvorschuss für das Kind beläuft sich auf 165 €.
Daran ändert auch der in den Monaten 09/2020 und 10/2020 gezahlte Kinderbonus nichts.
Auswirkungen des Kinderbonus auf den Anspruchsübergang nach § 7 UhVorschG
Die Unterhaltsvorschussleistungen unterschreiten in der Regel den sich durch die Zahlung des Kinderbonus ergebenden zivilrechtlichen Anspruch auf Barunterhalt. Der Kinderbonus wirkt sich insoweit nicht auf den Anspruchsübergang nach § 7 UhVorschG aus.
Etwas anders kann aber für die Kinder gelten, die in den Monaten Sept. bis Dez. 2020 geboren werden, wenn der Kinderbonus in einer Summe ausgezahlt wird. Der Kinderbonus wird wohl in dem jeweiligen Auszahlungsmonat berücksichtigt.
Möglicherweise können sich im Einzelfall sehr geringe Auswirkungen ergeben, wenn Kindergeld für ein drittes, viertes … etc. Kind gewährt wird. Liegt ein sog. Mangelfall vor, weil mehrere gleichrangige Kinder zu berücksichtigen sind und sich infolge des Kinderbonus die Einsatzbeträge der Berechtigten verändern, können sich die Unterhaltsbeträge für das Kind ebenfalls geringfügig verändern. Dabei dürfte es sich aber regelmäßig um zu vernachlässigende Fälle handeln.
Verfügt das minderjährige Kind über eigenes Einkommen (z. B. Ausbildungsvergütung), das nach Abzug notwendiger Aufwendungen zur Hälfte auf den Barbedarf anzurechnen ist, empfiehlt sich eine Prüfung.
Leistungen nach dem SGB II
Die ALG II-V ist rückwirkend zum 1. März 2020 geändert worden und sorgt dafür, dass der Corona-Boni für Personen, die ggf. auch aufstockende Hartz-IV-Leistungen beziehen, nicht als Einkommen berücksichtigt und damit anrechnungsfrei bleiben.
Auswirkungen des Kinderbonus auf den Anspruchsübergang nach § 33 SGB II
Nach § 33 SGB II geht ein Unterhaltsanspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf das Jobcenter über.
Soweit Kinder unter Berücksichtigung von Kindergeld nach § 11 Absatz 1 Satz 4 SGB II keine Leistungen
empfangen haben und bei rechtzeitiger Leistung des Anderen keine oder geringere Leistungen an die Mitglieder
der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären (sog. Kindergeld-Verschiebung – vgl. dazu OLG Rostock, 14.11.2019, 11 UF 171/19, zum Anspruchsübergang bei gekürztem Kindergeldüberhang), sieht § 33 SGB II ebenfalls einen Anspruchsübergang vor. Der Corona-Kinderbonus wird nicht leistungsmindernd berücksichtigt und ist insoweit dem Kindergeld nicht gleichgesetzt. Von daher dürfte sich der Kinderbonus auch nicht nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II im Rahmen der sog. Kindergeld-Verschiebung auf den Anspruchsübergang auswirken können.
Geht der (bisherige) Unterhaltsanspruch in voller Höhe auf das Jobcenter über, weil die SGB II-Leistungen für das Kind den Unterhaltsanspruch überschritten, wirkt sich der Kinderbonus i. d. R. mindernd auf den Übergang des Unterhaltsanspruches aus.
Zwar ändert sich durch den Corona-Kinderbonus nicht die Höhe der SGB II Leistungen, aber vom barunterhaltspflichtigen Elternteil kann eben maximal der sich für den jeweiligen Monat errechnete Unterhaltsanspruch für das Kind gefordert werden.
Die Auswirkungen dürften nur geringfügig sein, wenn es sich um einen sog. Mangelfall handelt.
Hier kann auf den vorherigen Abschnitt zum Unterhaltsvorschuss verwiesen werden. Dem barunterhaltspflichtigen Elternteil, der weniger als den um das volle Kindergeld geminderten Mindestunterhalt zahlt, kommt unterhaltsrechtlich das Kindergeld und insoweit auch der Kinderbonus nicht zugute. Zahlt der barunterhaltspflichtige Elternteil mehr Unterhalt, aber weniger als den um seinen Kindergeldanteil (§ 1612b BGB = i. d. R. 1/2 des Kindergeldes) geminderten Mindestunterhalt, kann ihm das Kindergeld im Einzelfall (nur) teilweise zugute kommen – nur in diesen Fallen dürften sich Auswirkungen ergeben können.
Umgang mit titulierten Unterhaltsansprüchen
Ob die sich aufgrund der (ein- bzw. zweimaligen) Zahlung des Kinderbonus ergebenden Veränderungen zur Abänderung eines Unterhaltstitels berechtigen, wird wohl nicht einheitlich beantwortet. Es kommt insoweit darauf an, welcher Titel vorliegt und nach welcher Vorschrift sich eine Abänderung richten würde. In der Regel setzt die Abänderung eine dauerhafte Änderung der Verhältnisse voraus. Andererseits könnte es durchaus treuwidrig sein (§ 242 BGB), aus einem Titel zu vollstrecken, wenn eindeutig (?! was angesichts der umstr. Rechtslage kaum behauptet werden kann) in einzelnen Monaten eine geringere Verpflichtung besteht oder bestand (??).
Vollstreckungsverzicht
Um sich ein ggf. aufwändiges Abänderungsverfahren zu ersparen, bietet sich ein sog. Vollstreckungsverzicht an.
Da der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht einfach den titulierten Unterhaltsbetrag mindern darf, wird in der Praxis empfohlen, den betreuenden Elternteil schriftlich aufzufordern, sich mit einer entsprechenden geringen Zahlung ausdrücklich einverstanden zu erklären.
Dieser Vorschlag empfiehlt sich auch dann, wenn der titulierte Anspruch nach Anspruchsübergang von einem Sozialleistungsträger (SGB II – Leistungsträger – Jobcenter, Sozial- oder Jugendamt – Unterhaltsvorschusskasse oder Beistand) geltend gemacht wird.